Die meisten haben davon gehört. Die meisten wissen auch, um die Gefährlichkeit. Die wenigsten wissen aber, wo er überall vorkommen kann: Asbest.
Und wenn ihr gerade etwas renovieren wollt, dessen Baujahr vor 1993 liegt, dann ist dieser Text ganz besonders für euch. Denn ab August 2023 tritt einen neue Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) in Kraft, die neue Regelungen hinsichtlich Asbest umsetzt und auch die Bauherrschaft mit ins Boot holt. Es muss eine Asbesterkundung durch die veranlassende Person der baulichen Maßnahme erfolgen. Sobald ich einen Auftrag vergebe, bin ich eine veranlassende Person. Auch wenn ich als Heimwerker:in eine Maßnahme selbst durchführe, bin ich Veranlasser:in.
Aber schauen wir uns zuerst das Material Asbest kurz genauer an:
Eigenschaften
Asbest hat leider einige hervorragende Eigenschaften, weshalb er zahlreiche Anwendungsmöglichkeiten bietet.
- Mineral – faserartig kristallisierende Silicate (Sand)
- chemisch beständig
- unbrennbar
- isolierend
- verspinnbar
- verrottungsfest
- mechanisch fest
- gut in Bindemittel einzufügen
Verwendung
- Brandschutz
- Hitzeschutz
- Schallschutz
- Füllstoff
- Filtrationsmittel
- Tixotrophierungsmittel (Stellmittel)
- Katalysator
Also wurde Asbest fast überall verwendet, bspw. für:
- Bodenbeläge (CV-Beläge, Floor-Flex-Platten)
- Klebstoffe
- Fassaden-, Dachplatten (Eternit)
- Bitumen-, Dach- und Dichtungsbahnen
- Dichtungen, Dämmmaterial (z. B. alte Feuerstätten)
- Putze, Fliesenkleber
- Fensterkitt
- Farben, Lacke
- Nachtspeicheröfen
- Entkoppelungsmatten (Schallschutz)
- Lichtschalter (Bakelit)
- Brandschutzplatten / -türen
- Thermoskannen, Toaster
- und vieles mehr…
Typischer Bodenbelag, gern auch beigebraun, meist mit sog. florentiner Muster.
Dekorschicht trennt sich gern beim Ablösen von der hellen, fasrigen, pappeartigen Trägerschicht (mit lose gebundenem Chrysotil-Asbest)
Bildquelle: https://www.bauexpertenforum.de/threads/asbest-im-bodenbelag.116746/
Auch typisch: Flor-Flex-Platten. Im Privatbereich häufig in kleinerem Format. Recht unelastisch und bricht leicht. Festgebundener Asbest. Der schwarze Untergrund deutet zudem auf eine mögliche Belastung mit PAK (polyzyklische, aromatische Kohlenwasserstoffe) hin.
Bildquelle: Von Tim Ebert (tebert) – Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=4186745
Gefahren
So lange die Fasern fest im Material gebunden bleiben, ist Asbest noch kein Problem. Eine Freisetzung durch erhöhten Verschleiß, brechen, fräsen, schleifen etc. sollte aber verhindert werden, da die mikroskopisch kleinen Fasern in immer kleinere Teile zerbrechen und so lungengängig werden.
- die lungengängige Faser kann sich bis 3,5 Wochen in der Luft halten
- Asbestose, Lungenkrebs, Rippen-/Bauchfellkrebs, Kehlkopfkrebs, Eierstockkrebs
- Latenzzeit meist über 20 Jahre
bereits 1936 wurde Asbestose als Berufskrankheit anerkannt.
– 1977 das erste Verbot in Deutschland
– 1993 das letzte Verbot in Deutschland
Neue Gefahrstoffverordnung ab August 2023
Eine gute Handlungs-Hilfe bietet die Leitlinie für die Asbesterkundung.
Wichtige Änderungen der GefStoffV:
- Erkundungsgebot: allen vor dem deutschlandweiten Verbot (31.10.1993) errichteten Gebäuden wird (widerlegbar) unterstellt, dass asbesthaltige Materialien enthalten sein können. Auftraggebende haben nun eine Informations- und Mitwirkungspflicht (Bau- und Nutzungsgeschichte des Gebäudes ermitteln, ob Gefahrstoffe zu vermuten sind.
- Privatpersonen dürfen nur noch Tätigkeiten mit geringem Asbest-Expositionsrisiko durchführen.
- Ausnahmen zum Überdeckungsverbot sind in der neuen Verordnung genauer definiert. Zum Beispiel darf asbesthaltiger Putz tapeziert oder überstrichen werden.
- Sanierungs- und Bauunternehmen müssen sich genau an den in der Gesetzesnovellierung festgelegten Vorgaben zu Asbest-Messungen am Arbeitsplatz, Persönliche Schutzausrüstungen, Fachkundenachweisen und Kennzeichnungen von Bereichen mit Expositionsrisiken orientieren.
Leider kann ich aus eigener Erfahrung sprechen, dass das Wissen im Sanierungsbereich auch noch bei manchen Fachbetrieben fehlt. Das liegt aber nicht nur an Gleichgültigkeit. Es mangelt bereits in einigen Ausbildungen an einer Sensibilisierung für das Thema.
Umso wichtiger ist es also, dass sich auch Laien mit dieser Thematik auseinandersetzen. Es geht schließlich um die eigene Gesundheit und um den Schutz dritter Personen wie anderen Handwerker:innen, Mitarbeitende auf Entsorgungshöfen oder Nutzer:innen betreffender Objekte.